Ansgar Heveling und das böse Internet

Als ich heute während meiner Mittagspause eher zufällig den neuesten Handelsblatt-Gastkommentar Netzgemeinde, ihr werdet den Kampf verlieren! von Ansgar Heveling (CDU / MdB) las, dachte ich eher an einen blöden Scherz oder Ironie pur. Aber leider nein: Herr Heveling meint seine Äußerungen scheinbar wirklich ernst – hier ein paar Auszüge:

Liebe „Netzgemeinde“, das Web 2.0 ist bald Geschichte. […] Die mediale Schlachtordnung der letzten Tage erweckt den Eindruck, wir seien im dritten Teil von „Der Herr der digitalen Ringe“ angekommen, und der Endkampf um Mittelerde stehe bevor. […]Nun haben Wikipedia und Google in den letzten Tagen ihren starken Arm gezeigt. Doch Googles und Wikimedias dieser Welt, lasst euch zurufen: Auch wenn Wikipedia für einen Tag ausgeschaltet ist und Google Zensurbalken trägt, ist das nicht das Ende des Wissens der Menschheit. […] Also, Bürger, geht auf die Barrikaden und zitiert Goethe, die Bibel oder auch Marx. Am besten aus einem gebundenen Buch! […] Und offensichtlich sind Narzissmus und Nerdzismus Zwillinge. Natürlich soll niemandem verboten werden, via Twitter seine zweite Pubertät zu durchleben. Nur sollte man das nicht zum politischen Programm erheben. Jetzt haben wir noch die Zeit, diesem Treiben Einhalt zu gebieten.

Nun könnte man die Auffassung vertreten, dass die Aussagen eines bisher eher unbekannten Abgeordneten aus der letzten Reihe des Bundestages genauso wichtig ist, wie der bekannte Sack Reis, der in China umfällt. Nur leider befürchte ich, dass die Meinung von Herrn Heveling von vielen Politikern vertreten wird, die keinen wirklichen Bezug zum Internet haben. Alleine die Verwendung des Begriffs Web 2.0 in diesem Zusammenhang dokumentiert, dass Herr Heveling gar nichts verstanden hat. Web 2.0 auf der einen Seite und Stichwörter wie SOPA, PIPA, ACTA, Netzneutralität auf der anderen Seite haben lediglich das Web als Grundthema gemeinsam. Wer wie Ansgar Heveling die Blackout-Day-Aktionen von Wikipedia & Co. damit gleichsetzt, dass diese für einen angeblich rechtsfreien Raum Internet eintreten (was er im übrigen nie war und auch nicht ist) resp. den Schutz des geistigen Eigentums negieren, der zeigt nur seine Unwissenheit und seine Kleingeistigkeit. Die Aktionen gegen SOPA, PIPA und ACTA richten sich gerade gegen Rechtsfreiheit! Hier geht es darum, dass rechtsstaatliche Maßnahmen Grundlage bleiben müssen. Aber Populismus ignoriert immer gern die Feinheiten des Unterschiedes.

Die Netzgemeinde hat natürlich darauf reagiert. Unter dem Hashtag #hevelingfacts kann man via Twitter schöne Kommentare nachlesen. Am schönsten gefällt mir bisher von LaviniaSt:

Da sucht wohl jemand die Türe von diesem rechtsfreien Raum. #hevelingfacts

Nicht unerwähnt lassen sollte man den gestern erfolgten „Angriff“ auf die Website von Ansgar Heveling. Wer auf das Bild zu Beginn dieses Artikels klickt, kann auf dem Screenshot nachlesen:

Hiermit möchte ich meinen Austritt aus der CDU öffentlich machen ….

Entweder eine Sicherheitslücke oder – so wird im Web gespottet – einfachste Passwörter machten es einem Hacker einfach, diese Fake-Nachricht zu posten. Dank Netzpolitik.org ist diese Aktion der Nachwelt erhalten geblieben. Passt irgendwie, oder?

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